Georgien Teil 3 Innerkartlien

Wir setzten unsere Fahrt durch das Tal zwischen grossem und kleinem Kaukasus Richtung Osten fort. Heute ging es auf einen ersten Abstecher nach Norden ins Hinterland. Sobald wir die Hauptstrasse (Autobahn) verliessen, wurden die Strassen deutlich schlechter. Teilweise mit grossen Schlaglöchern, Bodenwellen oder teilweise ohne Belag. Unser Ziel war der Kazchi-Felsen. Das ist ein riesiger Monolith aus Kalkstein, der die umgebenden Wälder und Hügel mit seinen 40 Metern deutlich überragt. Besonders bemerkenswert: Auf dem schwer zugänglichen Felsen befindet sich eine kleine Kirche mit drei Einsiedlerzellen und ist nur mittels schwindelerregendem Aufstieg über eine Stahlleiter zugänglich. Menschen, die nicht einem religiösen Orden angehören, bleibt der Zugang verwehrt, Frauen sowieso. Am Abend kam noch ein zweites Fahrzeug in dieser Stille an. Wie sich später herausstellte, sind die beiden Kletterbegeisterten auch praktizierende Christen. Am kommenden Morgen (Sonntag) standen wir draussen zusammen und beteten gemeinsam für Frieden in der Ukraine und eine bewahrte weitere Reise. Es tat so gut, zwei liebe Geschwister zu treffen.

Nächstes Ziel war die ehemalige Bergbaustadt Chiatura. Hier wurde hauptsächlich Mangan abgebaut. Zu Sowjetzeiten war Georgien der zweitgrößte Manganlieferant der Welt. Die Überreste kann man noch „bestaunen“. Die ganze Stadt sieht ziemlich heruntergekommen aus. Beim Besuch einer alten Seilbahnstation führte uns ein Restaurator durch die Überreste. Auf der Rückseite fanden wir noch ein altes Stalin/Lenin Mosaik. Leider regnete es und so zogen wir weiter – wieder Richtung Süden und landeten am Abend an einem einsamen Platz vor dem Kloster Samtsevrisi, in dessen Windschutz wir die Nacht verbrachten. Hier sagte sich wirklich fast Fuchs und Hase gute Nacht. Ich hatte mir vor ein paar Tagen den Magen verdorben und Renate plagte sich auch mit ein paar “Alterszipperleins” herum, sodass wir nochmal einen Tag Ruhe einlegten (es regnete eh).

Gori ist vor allem durch das Stalin Museum bekannt. Josef Wissarionowitsch Dschugaschwili, so sein bürgerlicher Name, war ja Georgier und stammte aus diesem Ort. Ein Park mit Museum, seinem gepanzerten Eisenbahnwagon und seinem Elternhaus sind dort ausgestellt. Für uns kaum nachvollziehbar, dass einem Massenmörder und Diktator solche Gedenkstätten gewidmet sind, ohne irgendeiner Kritik an seinem verachtungswürdigen Lebenswerk. Das ganze Museum machte noch einen ziemlich sowjetischen Eindruck. Ganz anders der Eindruck der Ruinen von Gori. Die Anlage wurde im 13.Jhdt. gebaut und von den unterschiedlichsten Herrschern bewohnt. Durch das Erdbeben von 1920 wurde sie schwer beschädigt. Von dort aus fuhren wir gleich weiter zum Parkplatz an der Höhlenstadt Uplisziche. Hier können wir bewacht und kostenlos bis zum nächsten Besichtigungstag stehen.

Uplisziche heisst wörtlich “Festung Gottes”. Die in den Fels gehauene Stadt ist älter als 3000 Jahre. Im Mittelalter lebten hier mehrere Tausend Bewohner, überwiegend vom Handel. Am Karawanenweg gelegen, war Uplisziche einer der wichtigsten Umschlagplätze für die begehrten Waren auf der Seidenstrasse von Ost und West. Zu ihren Glanzzeiten verfügte die Stadt unter anderem über gut ausgebaute Straßen, ein Wasserversorgungssystem, Abwasserkanäle, Märkte, ein Amphitheater, Paläste und eine Stadtmauer. Die letzten Bewohner verließen Uplisziche im 18. Jahrhundert. Seitdem ist die Höhlenstadt die stumme Zeugin der Vergangenheit und dennoch eine der merkwürdigsten Schöpfungen der Georgier.

Renate hatte bei park4night, einer App, die wir oft für unsere Stellplatzsuche nutzen, ein privates Weingut gefunden, das nur 30km entfernt lag. Nach einem kurzen E-Mail Austausch wurden wir herzlich willkommen geheissen. Die Zufahrt war für unseren dicken Willi allerdings eine mittelschwere Katastrophe, ich musste 2x aussteigen und schauen wie die Strasse weiter geht, 2x musste ich rückwärts wieder raus und der letzte Zufahrtsweg bescherte uns auch einige Kratzer von zu tief hängenden Ästen – aber es hat sich gelohnt. Der Sohn des Besitzers (5 Jahre alt) sprach perfekt Deutsch und hat uns schon mal etwas unterhalten bis sein Vater vom Weinberg kam. Wir erhielten eine eigene deutschsprachige Führung in die Kellerei und die besondere Weinproduktion (davon in einem späteren Beitrag mehr) und genossen ein wahrhaft fürstliches Abendessen mit vielen georgischen Spezialitäten und natürlich einer Weinverkostung. Nur vom Feinsten! Jetzt war mein Magen gefragt: Ist er wieder in alter Form? Es scheint so! Gott sei Dank.

Bei der Verabschiedung berichtete uns die Mutter noch, wie 2008 durch die Strassen ihres Ortes russische Panzer rollten. Uns wurde bewusst, dass dieser Ort ja gerade mal 15km von der Südossetischen Grenze entfernt liegt. Dieser Landesteil wurde ja 2008 von den Russen annektiert. Sie wünschte uns Frieden und wir versicherten ihr, dass wir darum täglich beten.

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