Georgien Migrelien

Die letzten Tage boten uns aussergewöhnlichen Genuss und ebensolchen Stress. Aber fangen wir an mit dem Genuss:

Jetzt war der ganze Schnee geschmolzen und wir machten uns auf den Weg in den hohen Kaukasus. Unser Ziel: Mestia, eine wichtige Stadt in diesem eher dünn besiedelten Gebiet. Die Strasse sollte geteert sein – war sie auch meistens – aber befqand sich in einem miserablen Zustand. Immer wieder mit Schlaglöchern durchsiebt. Teils im Wiederaufbau (nach Erdrutschen im Winter), teils sogar zeitweise gesperrt um den Baggern das arbeiten zu erleichtern. So zogen sich die ca. 120km durch die Berge fast endlos.

Wir flüchteten ohne lange zu suchen auf einen “Campingplatz”, der aber nichts anderes als eine durchnässte Wiese war, in dessen Nachbarschaft dann leider die halbe Nacht laut gefeiert wurde und an Schlaf kaum zu denken war. Am nächsten Tag machten wir uns auf die Suche nach einer Alternative, die wir dann ausserhalb des Ortes direkt am Fluss Mestiachala fanden. Von dort ging es am kommenden Tag ca. 4km auf Schotterpiste an den Startpunkt einer Wanderung zum Chalaadi Gletscher. Diese entschädigte uns dann mit wunderbaren Ausblicken auf den hohen Kaukasus und den Gletscher für den vorhergegangenen Stress. Ich durfte über Renates Mut staunen, als es über eine recht lange Hängebrücke ging. Mit der Zeit wird man einfach mutiger. Am Abend konnten wir mit anderen Overlandern austauschen und nachts den vermissten Schlaf nachholen. Dann besuchten wir die berühmten Wehrtürme, die so charakteristisch für diese Gegend sind. Sie waren Statussymbol und Rückzugsort bei Angriffen zugleich.

Auf der Rückfahrt stellten wir uns die Frage: “War es die lange Fahrt hier rauf wert?” Wir beide konnten das mit einem klaren “ja” beantworten. Auf der Rückfahrt wurden wir immer wieder von Gewittern begleitet.

Im Tal angekommen bemerkte ich in Poti, dass ich die Kupplung bis an den Anschlag durchdrücken musste, um noch schalten zu können. Dabei fiel mir wieder ein, dass auf der Fahrt ins Tal die Kupplung schon einmal hängen blieb und ich sie von Hand zurückholen musste. So fuhren wir auf dem schnellsten Weg in eine Werkstatt. Der Schaden wurde gleich richtig diagnostiziert: Der Kupplungsnehmerzylinder auf dem Getriebe ist undicht. Die schlechte Nachricht: Sie können/wollen kein Ersatzteil besorgen und können/wollen es nicht reparieren. Auch gutes Zureden oder das Angebot, am Montag wiederzukommen half nichts. Sie drückten uns am Samstag Nachmittag eine Flasche Bremsflüssigkeit in die Hand und schickten uns vom Hof. Ihr könnt euch sicherlich vorstellen wie unsere Stimmung an diesem Nachmittag war. Nun versuchten wir – mit möglichst wenig Gebrauch der Kupplung – es geht auch ohne Kupplung  – einen zentralen Stellplatz in Batumi zu erreichen, was uns dann auch gelang. Beim recherchieren im Netz und auf Anraten anderer Reisender machten wir uns dann am Montag Morgen wieder auf den Weg zu der wohl bekanntesten Werkstatt in Batumi “Tegeta” – auch wieder ohne/wenig schalten. Auch sie meinten, die Beschaffung des Ersatzteils könnte Monate dauern. Und so begann eine Achterbahn der Gefühle: Zuerst Entäuschung und Frust. Danach wieder Hoffung als ich die Teilenummer bei einem Bekannten auf Facebook organisieren konnte und der Chef der Ersatzteilabteilung mich bat, Platz zu nehmen und zu warten. Weitere Hoffnung, als jemand mit dem Teil um die Ecke kam, das genauso aussah, Traurigkeit, dass es doch nicht passte, wieder neue Hoffnung, dass man jetzt versuchte das alte Teil zu überarbeiten, Frust als sich herausstellte, dass dies nicht mehr möglich war. Am Vorabend kam dann plötzlich jemand vorbei (woher auch immer sie den organisiert hatten), der das Originalersatzteil vorbei brachte. Erneuter Frust als beim Einbau eine Druckleitung platzte, nochmehr Frust als die aus einer anderen Werkstatt organisierte Ersatzleitung nicht passte … Um es abzukürzen: Um 18:00 war das Ersatzteil und die neue Druckleitung drin, alles wieder aufgefüllt, entlüftet, getestet und wir konnten unglaublich dankbar und nur 200.-€ ärmer vom Platz fahren. Am nächsten Morgen musste ich erst einmal einen langen Spaziergang alleine machen, um das alles zu verdauen.

Nach zwei Tagen in dieser wunderschönen Stadt genossen wir noch ein tolles Abendessen und einen langen Spaziergang im abendlichen Flair bevor es jetzt wieder zurück in die Türkei geht.

Beitrags-Ende

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