Im letzten Beitrag haben wir davon geschrieben, dass wir uns noch mehr Kontakt zu Einheimischen wünschen. Das hat sich in den letzten Tagen mehrfach ergeben: Gleich am kommenden Morgen kamen zwei kleine Jungs ganz scheu ans Auto zu schauen, was das wohl für Leute sind, Renate schenkte ihnen dann einen Schweizer Schokki-Stängel, was sie dazu motivierte, ihre Schwester auch noch vorbei zu schicken. Gerne waren sie für ein gemeinsames Foto bereit.
Als wir durch Areni – ein bekannter Weinbauort – fuhren, hielt ich an einem Strassenverkaufsstand an, um direkt bei kleinen Erzeugern Weinzu kaufen. Während der Weinprobe am Strassenrand ergab sich ein netter Austausch mit der Dame des Hauses, die uns dann noch zum Kaffee einlud, uns eine Art Döner zum Mittagessen machte und deren Stand wir dann mit einer 5l Plastikflasche mit hervorragndem Rotwein verliessen. Leider sind die Flaschen offen, sodass sie nicht lange halten und wir leider auch nicht viel mitnehmen konnten.
Als wir auf dem Parkplatz des Höhlenklosters Geghard ausstiegen lud uns eine Familie gerade zum Kaffee ein. Der Jüngste konnte entwas Englisch und so entwickelte sich ein sehr netter Austausch.
Vor unserer Übernachtung auf einem Hügel über der Stadt Areni – direkt neben einer Kirche und einem Friedhof – sprach uns ein alter Mann an, der etwas Deutsch konnte. Er zeigte uns das Grab seiner Frau, seines jüngsten Sohnes, der Eltern … und wir konnten etwas Anteil an seiner Einsamkeit nehmen. Leider füllte er diese mit Cha-Cha (eine selbstgebrannter Traubenschnapps), was das weitere Gespräch nicht einfacher machte. Wir sind dankbar für diese Einblicke in den oft schwierigen Alltag eines sehr armen und doch sehr gastfreundlichen Landes.
In dieser Woche hatten wir einige touristische Highlights auf unserem Zettel, mehrheitlich Klöster, die für das Land ja sehr charakteristisch sind. Ein bekanntes Beispiel dafür ist das Kloster Norawank. Es liegt am Ende der Schlucht des Amaghu mit rötlich schimmernden Klippen, die eine einzigartige Kulisse für das Kloster in den Bergen bilden. Bereits im 9. oder 10. Jahrhundert stand das erste Kloster an der gleichen Stelle des heutigen Klosters Noravank, das erst später im 13. Jhdt. Errichtet wurde. Bis ins 19. Jahrhundert wurden hier außerdem die Fürsten der Orbelian-Dynastie bestattet.
Mein persönliches Highlight war die Fahrt an den Fuss des Ararat mit dem Kloster Chor Virap. Der 5137m hohe ruhende Vulkan liegt genau genommen in der Türkei. In Armenien kamen wir ihm aber sehr nah. Das Kloster liegt nicht einmal 5km von der Grenze entfernt. Leider kann dieser Berg von Armenien aus nicht bestiegen werden, da alle Landesgrenzen zur Türkei geschlossen sind. Wir hatten das Glück, sogar den Gipfel bestaunen zu können, der sonst meist in Wolken verhüllt ist. Hier soll ja laut dem Alten Testament die Arche Noah nach der Sintflut gestrandet sein. Wir haben sie leider nicht gefunden und mussten mit ein paar Tricks arbeiten, um einen Beweis zu erbringen, dass wir sie gefunden hätten.
Das Kloster Chor Virap ist eng mit der Entstehung des christlichen Glaubens verbunden. Der Überlieferung zufolge wollte König Trdat III. im Jahre 288 n. Chr. Gregor den Erleuchter von seinem tief verwurzelten christlichen Glauben abbringen. Dafür sperrte er ihn für 15 Jahre ein – in eine Höhle vor Ort, über der sich heute das Kloster Chor Virap befindet. Die Folter, die Gefangenschaft und sogar die zahlreichen Schlangen aus den Erzählungen konnten Gregor jedoch nicht von seinem Glauben abbringen. Vielmehr litt der König in dieser Zeit an einer schrecklichen Hautkrankheit, die ihn stark entstellte und damals als unheilbar galt. Gregor gelang es jedoch, die Krankheit zu heilen und sorgte so nicht nur für seine Freilassung, sondern auch dafür, dass der König und der gesamte Königshof den christlichen Glauben annahmen. Im Folgenden erhob derKönig das Christentum 301 zur Staatsreligion und machte Armenien somit zum ersten christlichen Land der Welt. So gilt dieses Kloster als Nationalsymbol des Landes.
Am kommenden Tag gings zum Tempel von Garni. Dort war einst auch die Sommerresidenz der armenischer Könige. Leider sind davon nur noch ein paar Mauern übrig. Der Tempel von Garni hingegen steht noch in seiner vollen Pracht und gilt als der einzige griechische Tempel Armeniens. Das Gedränge war gross – alles war voller Familien mit Kindern. Es scheint, dass bereits die 3monatigen Sommerferien begonnen haben. Sich durch verstopfte Strassen, Schlaglöcher, einen Wasserrohrbruch und überfüllte Parkplätze zu quetschen schmälerte etwas den Genuss dieser „Sehenswürdigkeit“. Anders das Höhlenkloster Geghard, eine berühmte Wallfahrtstätte und eine der schönsten Sehenswürdigkeiten des Landes. Zum Teilsind die Kirchen ganz in den Fels gebaut und nach außen kaum sichtbar. Erbaut wurde das Kloster Geghard vermutlich zu Beginn des 4. Jahrhundert und wird auf den heiligen Gregor zurückgeführt. Wir konnten gerade eine Taufzeremonie mitverfolgen und staunten über die noch gut erhaltenen wirklich alten Gebäude.