Albanien Teil 1

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Albanien ist das nächste südosteuropäisches Land auf dem Balkan, das wir zum ersten Mal besuchen. Seine Küste verläuft entlang der Adria, das Landesinnere wird von den Albanischen Alpen durchzogen. Ich kann jetzt schon sagen: Albanien ist unser bisheriges Lieblingsland. Direkt vor der Grenze stieg der Fahrer des vor uns wartenden PKWs aus und begrüsste uns. Er selbst ist Albaner, lebt aber jetzt in Deutschland. Er schwärmte von seinem Land und sorgte in einem kurzen smalltalk mit dem Grenzbeamten dafür, dass wir zügig und freundlich behandelt wurden. Diese Freundlichkeit und Gastfreundschaft zog sich durch die ganzen nächsten Tage. Am selben Abend kamen wir in Skoder an einem Restaurant am Skodari-See an, auf deren Parkplatz wir kostenlos übernachten durften – selbstverständlich genossen wir dort unser erstes Abendessen zu einem unglaublich günstigen Preis. In der Nacht hat es dann extrem geschüttet, so dass wir mehrfach nachgeschaut haben, ob der See in seinen Ufern bleibt. Glücklicherweise war das der Fall. Am kommenden Vormittag erkundeten wir dann das Schloss, das sehr exponiert auf einem Hügel über der Stadt liegt. Auf dem Fussweg dorthin kamen wir durch ein Armenviertel, dessen Anblick uns echt schockiert hat.

Dazu ein kurzer geschichtlicher Ausflug, der dabei hilft, die Situation des Landes zu verstehen: Albanien war bis 1991 eine sozialistische Diktatur. Nach sowjetischem bzw. jugoslawischen Muster wurde eine kommunistische Einparteienherrschaft eingeführt, die jegliche Opposition ausschaltete und sich 1967 offiziell zu einem „atheistischen Staat“ erklärte. Alle Kirchen und Moscheen in Albanien wurden geschlossen – religiöse Nutzung wurde verboten. Albanien isolierte sich und galt deshalb als „weißer Fleck“ Europas. 1990 wurde das kommunistische Regime gestürzt,1997 kam es zu einem Bürgerkrieg. Dieser konnte nur durch ausländische Militär- und Polizeipräsenz beendet werden. Inzwischen befindet sich das Land auf dem Weg einer schrittweisen demokratischen und wirtschaftlichen Konsolidierung. Seit 10 Jahren ist es EU-Beitrittskandidat, noch immer ist Korruption und Machtsmissbrauch weit verbreitet. Das führt dazu, dass das Durchschnittseinkommen bei ca. 300.- € liegt. Ein Polizist verdient bei einem 8h-Job ca. 450€. Das berichtete er uns als er uns in seinem zweiten Job als Taxifahrer in die Innenstadt von Tirana brachte. Auch seine Freundin hat zwei jobs. Nur so sei es möglich, eine Familie gut zu ernähren. Das hat zur Folge, dass für uns alles sehr günstig ist.

 

Dies stellten wir z.B. bei einem Besuch der “Mrizi i Zanave”, agro-touristischen Betrieb fest. Dort genossen wir ein unglaublich tolles Essen, hergestellt aus eigenen Produkten für ca. 30€ für zwei Personen inkl. Wein. Wir wurden von einer Mitarbeiterin durch den ganzen Betrieb geführt und durfen die Käserei, den Weinkeller, die Bäckerei, die Tierhaltung etc. besichtigen. Der Stellplatz war auch noch kostenlos. Der Besuch dieses Betriebes war eines der highlights der ersten Woche. Hier konnten wir aber auch beobachten, wie weit die Schere zwischen arm und reich auseinander geht: Fette Daimler neben zusammengflickten Mofas bis zum Eselskarren.

Überhaupt sind die Albaner grosse Mercedes-Fans. Hier sind wir genau richtig . Die Männer stehen total auf fette Autos mit viel PS und einem tollen Sound. Überall sieht man sie bei der Autowäsche und beim stolzen präsentieren. Leider ist ihr Fahrstil dabei sehr kreativ, was uns beiden oft höchste Konzentration abverlangt. In Dures z.B. quälten wir uns durch mehrspurige Schlangen und kämpften uns durch völlig ungeregelte Kreisverkehre, bis wir einen grossen Parkplatz für die Nacht fanden. Hier besichtigten wir auch eines der grössten römischen Amphietheater auf dem Balkan.

Auf dem Weg dorthin legten wir noch einen Stop in der Lagune von Pactok ein. Hier, wie in vielen anderen Landesteilen, sehen wir immer wieder die alten Bunker. Es soll über 180.000 im ganzen Land geben, die damals aus Angst einer Invasion angelegt wurden.

Beim Besuch des Antoniusklosters wurde uns wieder einmal bewusst, wie irrwitzig sozialistische Diktaturen versuchten, Religionen abzuschaffen. Heute sind ca. 70% der Albaner Muslime. Das wurde uns beim ersten Ruf des Muezzins bewusst. Allerdings wird der Glaube eher „locker“ praktiziert. Den Rest bilden 20% Griechisch-Orthodoxe und 10% Katholiken.

Für den Jahreswechsel versuchten wir den Feiern in den Städten zu entgehen und suchten daher irgendwo ein ruhiges Plätzchen. Das fanden wir auch auf dem “Camping Tirana”, völlig abgeschieden, nur über einen Feldweg zu erreichen. Als wir ankamen erfuren wir, dass dieser geschlossen ist – aber wie in Albanien so üblich, ist man sehr gastfreundlich. Wir durften uns trotzdem auf ihrem Platz einrichten. Sie boten uns sogar an, dass wir alle Einrichtungen nutzen könnten (was wir aber nicht taten). Am Abend beschenkten sie uns noch mit selbstgemachtem Raki und Baclava. So genossen wir den Jahres-wechsel in aller Ruhe bei bestem Sonnenwetter. Mittels einer albanischen Sim-Karte gelang auch die Kommunikation mit unseren Lieben Zuhause problemlos.

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