Die Grenze zum Senegal in Rosso gilt als eine der korruptesten in ganz Afrika – und das will was heißen. Also beschlossen wir, uns dieses Erlebnis zu ersparen und stattdessen eine 30 Kilometer lange Piste durch ein Naturschutzgebiet zum kleineren Übergang in Diama zu nehmen. Eine Art „Schleichweg“, der sich allerdings als ziemliche Herausforderung entpuppte. Unser Kermit – tapfer wie immer – musste sich durch tiefe Spurrillen und ordentliche Schlaglöcher kämpfen. Unterwegs begegneten wir Warzenschweinen, die uns neugierig aus dem Busch beäugten, halfen einem entgegenkommenden Fahrzeug mit etwas Druckluft für den schlappen Reifen und übernachteten schließlich am Rand des Reservats – kurz vor der Grenze, mitten im friedlichen Nichts. Die Grenzabwicklung selbst lief überraschend entspannt. Geldwechsel, Versicherung, SIM-Karten – alles kein Problem. Nur bei der Fahrzeugeinfuhr wurde es wieder kompliziert: Zwar hatten wir das nötige Zolldokument (Carnet de Passage), doch abgestempelt wird das nur in Dakar – und zwar innerhalb von zwei Tagen. Ein Kurier übernahm diese Mission für uns, natürlich gegen ein ordentliches Honorar. Kurz darauf klingelte das Telefon: Ein Reisekollege rief panisch an – er hatte sich mit seinem Kleinbus auf einer Nebenstrecke festgefahren. Wir machten uns sofort auf den Weg, mussten aber bald einsehen, dass seine Route eher für Traktoren als für unseren sieben Tonnen schweren Kermit geeignet war. Also organisierte ich ein paar Einheimische, die den armen Kerl aus dem Matsch befreiten. Nach zähen Verhandlungen über den Lohn – ihre Preisvorstellung war, sagen wir mal, „ambitioniert“ – nahmen wir den Kollegen ins Schlepptau und erreichten am Abend die legendäre Zebrabar südlich von St. Louis. Ein wunderschöner Ort – perfekt gepflegt, direkt am Wasser, ein kleines Paradies. Nach all der Aufregung gönnten wir uns dort vier wohlverdiente Tage Pause.
Es wurde Zeit, wieder aufzubrechen. Je weiter wir nach Süden kamen, desto grüner wurde die Landschaft – und desto „kreativer“ der Verkehr. Unser erster Stopp war eine kleine Ferienanlage mit Swimmingpool. Nach einer langen, heißen Fahrt fühlte sich das kühle Wasser an wie ein Geschenk des Himmels. Und das gute Essen tat sein Übriges.
Nächstes Ziel: der Lac Rose – jener sagenumwobene See, der normalerweise in kräftigem Rosa leuchtet, dank salzliebender Algen. Doch diesmal hatte der viele Regen die Farbe weggespült. Stattdessen leuchteten nur die Verkäufer der Souvenirstände, und zwar in Sachen Aufdringlichkeit. Nach einer anstrengenden Fahrt durch enge Städte, Umleitungen und Verkehrsgewusel erreichten wir schließlich die Missionsstation Malika Monkeys in Malika. Dort wurden wir sehr herzlich empfangen. Mit großem Engagement werden dort junge Menschen ausbildet – in der Näherei, beim Instrumentenbau, in der Autowerkstatt oder im Verkaufsshop. Stolz zeigte uns Alfred auch den Bauplatz der neuen Kirche. Mit der Gründerin stand ich über WhatsApp in Kontakt – ihre Abschiedsworte: „An Gottes Segen ist alles gelegen.“ Wie recht sie hat.
Dann ging’s mitten hinein ins Abenteuer Großstadt: Dakar! Schon die Straßen sind hier ein Erlebnis. Offiziell haben wir zwar nicht die klassische Rallye-Strecke Paris–Dakar gemeistert, aber immerhin Radolfzell–Dakar – das zählt doch, oder? Unsere Unterkunft lag zwischen Hafenanlagen und einem traumhaften Strand. „Hier wird jetzt entspannt“, dachten wir. Doch die nächtliche Hitze (29 °C!) machte uns einen Strich durch die Rechnung. Also zog ich am nächsten Tag los, um auf dem zentralen Markt Colobane einen Ventilator aufzutreiben. Mission erfolgreich – doch kaum surrte das gute Stück am nächsten Abend, begann im Nachbarhotel ein Festival, das uns bis vier Uhr früh in Konzertlautstärke beschallte. Schlaf? Fehlanzeige.
Von Dakar aus nahmen wir die Fähre zur Insel Gorée, heute UNESCO-Welterbestätte und Mahnmal des atlantischen Sklavenhandels. Zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert wurden hier unzählige Männer, Frauen und Kinder gefangen gehalten und in die „Neue Welt“ verschifft. Wir besuchten das Maison des Esclaves – das „Haus der Sklaven“ – mit seiner erschütternden „Pforte ohne Wiederkehr“, durch die einst die Gefangenen zum Schiff geführt wurden. Ein Ort, der nicht vieler Worte bedarf.






