Als wir in Zagora ankommen, werden wir schon vor dem Ortseingang von einer wirklich aufdringlichen Werkstatt (Garage Iriki) abgefangen. Kaum haben wir freundlich abgewunken, lauert ein paar Hundert Meter weiter der nächste Mitarbeiter desselben Unternehmens auf seinem Moped und versucht erneut, uns in die heiligen Hallen der „besten Werkstatt von ganz Zagora“ zu locken. Wir lehnen ab – schließlich haben wir bereits einen Termin bei Abdoul von der „Sahara Garage Zagora“. Den hat uns Uli Dolde empfohlen, ein guter Bekannter, der oft in Marokko unterwegs ist. Abdoul entpuppt sich als echter Glücksgriff: unglaublich freundlich, motiviert und mit einem Team ausgestattet, das sofort in Startposition geht. Nach einem kurzen Briefing beginnt eine kleine OP am offenen Herzen unseres Kermit: An der Vorderachse werden beidseitig verstärkte Stoßdämpferhalterungen angebracht, die vorderen Stoßdämpfer ersetzt (einer war komplett hinüber), hinten bekommt ein Stoßdämpfer eine Extra-Verstärkung verpasst. Und weil an der rechten Federaufnahme die Gummimanschette das Zeitliche gesegnet hat, wird kurzerhand die ganze Vorderachse ausgebaut. Passende Gummis? Im Ort nicht aufzutreiben – aber kein Problem: Um 23:00 Uhr liefert ein Taxi die richtigen Teile, die noch nachts montiert werden. Während andere schlafen, öffnet Abdouls Team mit erstaunlich guter Laune das vordere Differenzial und dichtet es auch noch neu ab. Am nächsten Morgen wird alles wieder zusammengebaut, getestet, jede Flüssigkeit kontrolliert und nachgefüllt, das Auto abgeschmiert und sogar gewaschen. Auf der Probefahrt zeigt sich: Die Kabinenhalterungen ist auch locker – also werden auch die noch festgezogen, inklusive sämtlicher Schrauben am Zwischenrahmen. Damit ist Kermit bereit für die kommenden Abenteuer.
Kermit darf sich auch gleich auf der ersten Offroad-Piste durch die Steinwüste beweisen. Außer ein paar Motocrossfahrern begegnet uns dort nur Weite und eine fast heilige Ruhe. Wir steuern Merzouga an und erreichen die ersten Sanddünen. Auf dem „Tafraoute Mountains Campingplatz“ stehen wir völlig allein – dafür verwöhnt uns der Besitzer mit überm Feuer gegrilltem Hähnchen, Salat, Suppe, Oliven und Brot. Extra für uns heizt er sogar das Duschwasser an, auch wenn das Duschen mangels Strom nur mit Taschenlampe funktioniert. Eben einfach, herzlich – und irgendwie typisch für Marokko. Die Offroad-Route nach Merzouga brechen wir dann aber leider ab. Ein entgegenkommender Unimog-Fahrer rät dringend davon ab: Unser hinterer Überhang sei zu lang für die steilen Ab- und Auffahrten im ausgetrockneten Flussbett. Dasselbe hatten wir schon vorher von einem erfahrenen Offroader gehört. Etwas enttäuscht biegen wir Richtung Norden ab und erreichen die asphaltierte RN17, die wir allerdings so schnell wie möglich wieder verlassen.
Über eine Piste gelangen wir schließlich zur beeindruckenden Felsformation „Gara Medouar“, die aussieht wie ein Vulkankrater – möglicherweise aber ein Sedimentplateau aus der Kreide- oder Jura-Zeit ist, das später von einem Fluss ausgehöhlt wurde. Fossilien finden wir jedenfalls reichlich. Man vermutet, dass Römer und später lokale Herrscher den Ort als Kontrollpunkt nutzten. Später diente er sogar als Karawanen- und Sklavenfestung. In den 1970ern wurde er dann zur Filmkulisse – für „Die Mumie“, „Prince of Persia“ und sogar für James Bond. Nach einer ausführlichen Erkundung richten wir etwas abseits unser Nachtlager ein. Außer einem freundlichen Kamelhirten begegnet uns niemand.
Weiter geht’s zu den Khettaras von Jorf – traditionelle unterirdische Bewässerungsanlagen, technisch verwandt mit den iranischen Qanats oder den Foggara in Algerien. Eine sanft geneigte Galerie fängt Grundwasser aus höher gelegenen Ebenen ab und leitet es über etliche Kilometer durch Schwerkraft in landwirtschaftliche Gebiete. Regelmäßig gesetzte Schächte dienen als Belüftung, Zugang und Erd-Abtransport. Da der Grundwasserspiegel inzwischen gesunken ist, kann man die Tunnel sogar begehen. Die Fahrt dorthin – quer durch mehrere trockene Flussbetten – ist herausfordernd, aber lohnend. Schließlich erreichen wir die 16 m hohe „Himmelstreppe“ – L’Escalier Céleste – ein Werk des deutschen Künstlers Hannsjörg Voth, der in der Region insgesamt drei solcher Monumente gebaut hat. Leider darf man nur mit Führer hinauf – zu, wie wir finden, völlig überzogenen Preisen. Wir lehnen dankend ab und suchen uns stattdessen einen Nachtplatz in einem ausgetrockneten Flussbett. Ein Nomade kommt kurz vorbei, begrüßt uns herzlich, bietet Hilfe an, falls wir etwas brauchen, und verabschiedet sich mit einem freundlichen „Gute Nacht“.
Am nächsten Tag brechen wir in Richtung Merzouga auf. Wir wollen unbedingt die großen Sanddünen des Erg Chebbi besuchen – dazu mehr im nächsten Bericht.






