Weiter ging es in zwei Städte, die wir bereits vor 17 Jahren besucht hatten. In Tiznit schlenderten wir über den Schmuckmarkt mit seinen zahllosen Läden, die auf Silberschmuck spezialisiert sind. Die Medina, die alte Stadtmauer und die Kasbah Aghennaj im Stadtzentrum habe ich allein erkundet, da sich Renate nach ihrer Erkältung noch etwas schonen musste. Auf dem Weg nach Sidi Ifni legten wir einen Zwischenstopp bei einer Frauenkooperative ein, die Arganöl herstellt. Dieses besondere Öl entsteht auf ungewöhnliche Weise: Ziegen fressen die Früchte des Arganbaumes, die Kerne werden wieder ausgeschieden und daraus das Öl gewonnen. Es gibt zwei Varianten – ungeröstet pflegt es die Haut (was erklärt, warum Renate immer noch so jugendlich aussieht), geröstet verleiht es Speisen ein feines Aroma. In Sidi Ifni, einer Stadt mit spanischen Wurzeln, ließen wir die vielen Eindrücke am Strand auf uns wirken.
Am nächsten Morgen brachen wir früh nach Guelmim auf. Jeden Samstagvormittag findet dort ein großer Markt statt, zu dem Händler aus der ganzen Region strömen. Neben Gemüse und Alltagswaren werden auch Ziegen, Schafe, Hühner und sogar Kamele angeboten. Die ganze Stadt scheint dann unterwegs zu sein – ein lebendiges, farbenfrohes Erlebnis. Wir nutzten die Gelegenheit, um unseren Vorrat an frischem Obst und Gemüse aufzufüllen.
Nun begann unser erstes richtiges Offroad-Abenteuer. Über eine asphaltierte Straße erreichten wir Assa, von wo aus es rund 200 Kilometer durchs Draâ-Tal in Richtung Tan-Tan ging. Da wir keinen Mitfahrer gefunden hatten, starteten wir allein. Luft aus den Reifen lassen, die selbst eingebaute Reifendruckregelanlage erstmals in Betrieb nehmen, Geländeuntersetzung einlegen, den Track auf dem iPad aktivieren – und los ging es, über Stock und Stein. Die Piste führte durch endlose Steinwüste, über lehmigen, ausgetrockneten Boden und kleine Sandfelder. Da es die erste Tour mit Kermit war, fuhr ich vorsichtig und wir kamen nur etwa 60 Kilometer weit – auch, weil unterwegs einer der vorderen Stoßdämpfer brach und ich ihn erst ausbauen musste. Unsere erste Nacht in der Wüste war ein eindrückliches Erlebnis: Nur Stein und Sand um uns, ein paar Akazien, Dromedare in einem ausgetrockneten Flussbett, absolute Stille, völlige Einsamkeit – und über uns ein klarer Sternenhimmel mit einer schmalen Mondsichel.
Am folgenden Tag schafften wir bereits rund 100 Kilometer. Der einzige Mensch, dem wir begegneten, war ein Mopedfahrer, der seine Dromedarherde hütete. Wieder dieselbe überwältigende Ruhe, derselbe Sternenhimmel, dieselbe Mondsichel. Dass wir vor einigen Jahren mit anderen Reisemobilen bereits in Tunesien durch die Wüste gefahren waren, erwies sich nun als wertvoll: Wir wussten, wie man den Reifendruck anpasst, in der Falllinie fährt, schwierige Passagen zu Fuß erkundet oder im Zweifel umkehrt und eine alternative Route sucht. Auch das bergab Rollen im niedrigen Gang ohne zu bremsen war uns vertraut. Spannend war es allemal, manchmal auch fordernd – doch gerade deshalb wird uns dieses Erlebnis unvergesslich bleiben. Schließlich erreichten wir wieder die Teerstraße und fuhren zurück ans Meer. Von hier aus wird es in den nächsten Tagen weiter durch den südlichen Teil Marokkos nach Mauretanien gehen.