Mauretanien

Mauretanien hält einige Herausforderungen für Reisende bereit: über sieben Stunden an der Grenze, 47 °C im Sandsturm, endlose Distanzen und mörderische Wellblechpisten. Doch all das wird durch außergewöhnlich schöne Begegnungen mehr als aufgewogen – aber der Reihe nach:

 

Wir hatten bereits von anderen Reisenden gehört, dass der Grenzübergang zwischen Marokko und Mauretanien schwierig sein soll. Dass wir trotz guter Vorbereitung tatsächlich über sieben Stunden benötigen würden, überraschte uns dann doch. Schon auf marokkanischer Seite mussten wir mehr als drei Stunden warten, bis wir überhaupt in die Zollanlagen einfahren konnten. Nachdem wir uns durch sämtliche Büros gekämpft hatten, ging es weiter durchs Niemandsland – über eine miserabel erhaltene Piste zum mauretanischen Zoll. Rechts und links lagen verrostete Autowracks, und die Straße durfte wegen möglicher Minenreste nicht verlassen werden. Für Kermit, unser Fahrzeug, war das kein Problem – für manche überladene Lastwagen hingegen schon. Uns war bereits vorher klar, dass wir ohne sogenannten „Fixer“, also einen bezahlten Helfer, kaum durchkommen würden. Da mein Französisch nur sehr rudimentär ist, war ich auf seine Unterstützung angewiesen. Er führte uns von Büro zu Büro, half beim Geldwechsel, dem Kauf einer SIM-Karte, beim Abschluss der Versicherung und beim Erhalt des notwendigen Passavant für das Auto. Die Visa hatten wir zum Glück bereits im Vorfeld online beantragt und ausgedruckt. Gegen 19 Uhr konnten wir schließlich, erschöpft und um einige Erfahrungen (und ein paar Ouguiya) ärmer, den Zoll hinter uns lassen. Leider erhielten wir nur eine zehntägige Aufenthaltsgenehmigung für das Fahrzeug, obwohl uns 30 Tage zugesichert worden waren – also hieß es: beeilen. Nach rund 80 km erreichten wir im Dunkeln Nouadhibou. In der Stadt verfuhren wir uns zunächst – es gibt kaum befestigte Straßen – bis wir schließlich die Villa Maguela fanden, unseren geplanten Übernachtungsplatz. Zum ersten Mal kamen unsere Zusatzscheinwerfer richtig zum Einsatz. Dort angekommen, wurden wir herzlich zum Abendessen eingeladen. Völlig erschöpft, aber unendlich dankbar, durften wir gemeinsam mit anderen Overlandern am Tisch sitzen und uns stärken.

Eigentlich wollten wir am nächsten Tag der Piste entlang der berühmten Eisenerzbahn Richtung Osten folgen. Da wir jedoch niemanden fanden, der die über 400 km durch die Wüste mit uns fahren wollte, entschieden wir uns für den deutlich längeren, aber sicheren Asphaltweg – rund 650 km. Unterwegs begegneten wir einem der über 3,5 km langen Züge, die das in der Wüste abgebaute Eisenerz zur Küste nach Nouadhibou transportieren. Der Export dieses Rohstoffs macht etwa 30 % des mauretanischen BIP aus und versorgt gleichzeitig die Städte entlang der Bahnlinie. Die Fahrt durch das Landesinnere brachte uns auch in einen kleinen Sandsturm. Bei über 47 °C mussten wir die Fenster wegen des Sandes geschlossen halten – eine echte Herausforderung. Am Ende der Strecke erreichten wir die Oase Terjit mit ihren klaren Quellen und Palmen. Das erfrischende Bad im natürlichen Pool war nach der Hitze eine wahre Wohltat. Mancherorts führte die Straße an kleinen Seen vorbei – offenbar hatte es in den Tagen zuvor ungewöhnlich viel geregnet.

Der eigentliche Grund unserer Reise ins Landesinnere war der Besuch einer Bekannten, die in einem Krankenhaus arbeitet. Von Atar aus führte eine rund 80 km lange unbefestigte Piste dorthin. Wir reduzierten den Reifendruck und genossen eine wunderschöne Fahrt durch beeindruckende Berglandschaften – allerdings auch etwa 60 km schlimmstes Wellblech. Mehr als einmal befürchtete ich, dass unser Auto gleich auseinanderfliegen würde. Mit wenig Luftdruck und möglichst hoher Geschwindigkeit erreichten wir schließlich unser Ziel. Der Aufenthalt war wunderbar: herzliche Begegnungen, ein Ausflug zu den Sanddünen, und wegen der Hitze beschlossen wir, am letzten Abend draußen zu schlafen – unter einem spektakulären Sternenhimmel. Am nächsten Morgen ging es über dieselbe Piste zurück. Unser Nachtlager schlugen wir irgendwo abseits der Straße auf, hinter ein paar verlassenen Häusern. Jetzt musste ich mit Schraubenzieher, Zange und Inbusschlüssel so manche losgerüttelte Verbindung nachziehen. Offenbar hat auch die Kühlschranktür etwas abbekommen – wir hoffen, das wichtige Teil hält weiterhin. Ansonsten scheint unser Kermit deutlich robuster zu sein, als ich dachte.

Schließlich erreichten wir Nuakschott, die Hauptstadt Mauretaniens. Die Durchfahrt war ein wahrer Kampf: Autos, Busse, LKWs und Fußgänger schienen keine Verkehrsregeln zu kennen, wollten aber alle gleichzeitig als Erste durch. Wir sind schon durch einige nordafrikanische Städte gefahren – doch das hier war noch einmal eine ganz andere Liga. Fast unglaublich, dass wir ohne Beule oder Kratzer durchkamen. Was hier alles auf den Straßen unterwegs ist, lässt sich kaum beschreiben – und noch schwerer fotografieren, da man ständig hochkonzentriert fahren muss, um nicht in einen Unfall verwickelt zu werden. Umso glücklicher waren wir, schließlich im schattigen Hof eines Gästehauses zur Ruhe zu kommen. Und als krönenden Abschluss gönnten wir uns ein wunderbares Abendessen bei einem indischen Restaurant.

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